25. März. In neun Monaten feiern wir Weihnachten, die Geburt Jesu. Auch wenn derzeit niemand ganz genau sagen kann, wie wir feiern werden – wir werden anders feiern, dankbarer. Vielleicht sogar stiller…
Heute feiern wir die Begegnung des Engels mit Maria: „In jener Zeit wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria,“ berichtet Lukas in seinem Evangelium (Lk 1,26-27).
Es muss ja gar nicht unbedingt ein Engel sein: Wie viele Menschen würden sich heute über Besuch freuen, gerade die Jungen, für die es ungewohnt ist, so wenig unter Menschen zu sein, und die Älteren, denen es weh tut, dass sie ihre Enkelkinder nicht in die Arme nehmen und mit ihnen spielen können… Uns fehlen die Begegnungen, auch die zufälligen. Wenn sie nicht gerade jemand Bekanntes beim Einkaufen treffen, sind viele Menschen jetzt tagelang allein!
Vielleicht könnte ich jemanden anrufen, vielleicht sogar mal wieder einen Brief schreiben – hab ich schon ewig nicht mehr gemacht. Der Standardbrief kostet 0,80 €, wenn es nicht ganz so schnell gehen soll, sind es 0,70 €.
Oder ich bete bewusst für einen Menschen, von dem ich weiß: ihr oder ihm fällt das Alleinsein schwer. Übrigens: auch den Enkelkindern ist es nicht leicht, dass sie nicht zu den Großeltern dürfen…
Der Engel tritt bei Maria ein – und sie erschrickt! Damit hat sie nicht gerechnet, dass Gott so in ihr Leben eintritt. Er will alles. Er will, dass sie ihr ganzes Leben seinem Plan unterwirft: „Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben“ (Lk 1, 30-33). Ich bin mir sicher: diese junge Frau aus Nazaret hatte ihre eigenen Pläne, und in denen ist ein „Herrscher über das Haus Jakob“ ganz sicher nicht vorgekommen.
Pläne: mir fällt gerade auf, dass ich schon seit Tagen nicht mehr in meinen Terminkalender geschaut habe. Jetzt habe ich andere Pläne, andere Sorgen. Und ich frage mich, wie viele andere auch: sind das jetzt Gottes neue Pläne für uns Menschen? Dass wir alle einmal still stehen, dass wir zur Ruhe kommen, dass wir aufatmen können – und die Erde gleich mit?
Hat es dafür dieses furchtbaren Virus bedurft, der Bilder aus China und Italien, bei denen uns angst und bange wird?
„Fürchte dich nicht, du hast Gnade gefunden“, sagt der Engel der jungen Frau aus Nazaret: Fürchte dich nicht…
Aber wenn doch alles zum Fürchten ist? Der Blick auf das Leben Mariens zeigt, dass nach dieser „Sternstunde“ der Verkündigung des Herrn viele dunkle Stunden gekommen sind. Die Tradition kennt die „Sieben Schmerzen Mariens“: die Weissagung Simeons (Lk 2,34–35), die Flucht nach Ägypten vor dem Kindermörder Herodes (Mt 2,13–15), die Suche nach dem zwölfjährigen Jesus im Tempel (Lk 2,43–45), ihre Begegnung mit dem Sohn auf dem Kreuzweg, das Leiden und Sterben Christi (Joh 19,17–39), seine Kreuzabnahme und Übergabe an Maria (Mt 27,57–59) und schließlich die Grablegung Christi (Joh 19,40–42).
Nein: ihr Leben an der Seite ihres Sohnes war nicht eben leicht. Aber ihr Ja zu Gottes Plan, das sie bei der Begegnung mit dem Engel gesprochen hat, hat sie nie wiederrufen: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38).
Papst Franziskus ruft dazu auf, dass heute mittag um 12.00 Uhr alle Christinnen und Christen der ganzen Welt das Gebet des Herrn sprechen, das Vater unser. „Dein Wille geschehe“, heißt es darin. Das ist meine Möglichkeit, mein eigenes Ja zu erneuern, gerade in einer Zeit, in der ich Gottes Willen (noch) nicht verstehe.
Verkündigung des Herrn. In neun Monaten feiern wir Weihnachten. Ich kann es mir heute kaum vorstellen. Aber ich freue mich darauf, wenn wir gemeinsam in der Familie, als Pfarre, als Freundeskreis an der Krippe stehen.
Ein uraltes Weihnachtslied des evangelischen Pfarrers Paul Gerhardt kommt mir in den Sinn:
„Ich steh an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben.
Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin,
und lass dir´s wohl gefallen.“
Ich hab es oft und gern gesungen. Jetzt will ich´s leben…