Einkehrwochenende im Kloster Neuzelle
Vom 5. bis 6. Oktober 2024 kamen Familiaren der Komturei „An Elbe und Ostsee“ zur Einkehr im Zisterzienserkloster Neuzelle im östlichen Teil Brandenburgs zusammen. Auch ein Familiare der Subkomturei „Sachsen und Thüringen“ sowie ein Gast der Komturei „An Elbe und Ostsee“ nahmen an dem Einkehrwochenende teil. Das Kloster Neuzelle hat sich seit der Ansiedlung einiger junger Zisterziensermönche aus dem niederösterreichischen Stift Heiligenkreuz im Jahr 2017 zu einem Ort des geistlichen Aufbruchs in einer Region entwickelt, die in den letzten Jahrzehnten, insbesondere bis zur Wiedervereinigung 1990, zu einer Diasporalandschaft geworden war. Mit der neuen Präsenz des katholischen Glaubens, so unser Eindruck aus den Gesprächen vor Ort, ist schon nach wenigen Jahren ein Effekt für die Verbreitung der christlichen Botschaft spürbar. Somit der richtige Ort, um über die Kraft der eigenen Spiritualität im Deutschen Orden und unseren Auftrag des Helfens, Heilens und Wehrens in der heutigen Zeit nachzudenken und gemeinsam zu beten. Die Zisterziensermönche verliehen jedenfalls ihrer Freude darüber Ausdruck, dass Familiaren des Deutschen Ordens, der mit den Worten des Subpriors im Mittelalter die Aufgabe der Zisterzienser im Osten fortgesetzt habe, den Weg nach Neuzelle gefunden hatten. Wir wurden mit großer Offenheit und Herzlichkeit empfangen.
In den anderthalb Tagen beteten wir das klösterliche Chorgebet der Laudes, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet mit, feierten mit den Mönchen im kleinen Ornat am Sonntag die lateinische Konventmesse, tauschten uns mit dem Subprior des als Priorat des Stiftes Heiligenkreuz organisierten Konventes über den Orden der Zisterzienser, seine Spiritualität, die Geschichte der Zisterzienser in Neuzelle, die Neugründung des Priorates, ihr Wirken in der Gegenwart und über die Jahrhundertunternehmung der Neuerrichtung des Klosters in einem etwa 11 km von dem historischen Kloster entfernten 75 ha großen Waldstück aus.
Bereits 1268 stiftete der Wettiner Markgraf Heinrich der Erlauchte an diesem Ort ein Zisterzienserkloster. Zwischen 1280 und 1330 wurden die Klosterbauten im Stil der Backsteingotik errichtet. In der Reformationszeit blieb das Kloster Neuzelle als einziges Kloster der Niederlausitz beim katholischen Glauben. Nach schweren Beschädigungen während des Dreißigjährigen Krieges wurden die Klosterbauten im Stil des böhmischen Barocks umgestaltet. In der Folge des Wiener Kongresses 1815 kam die Niederlausitz zum Königreich Preußen und das Kloster Neuzelle wurde 1817 durch König Friedrich Wilhelm III. zwangsaufgelöst sowie die Mönche nach über 550 Jahren vertrieben. Genau 200 Jahre später, 2017, kamen auf Einladung des Görlitzer Bischofs Wolfgang Ipolt wieder Zisterziensermönche nach Neuzelle. Mit sechs Gründermönchen konnte am 2. September 2018 das Zisterzienserpriorat Neuzelle kirchenrechtlich errichtet werden.
Der Subprior des Klosters vermochte uns mit seiner Begeisterung für dieses Projekt und für den Orden der Zisterzienser anzustecken. Sein Lebensbericht der Berufung in den Orden, den er mit uns teilte und der derzeit verfilmt wird, war so authentisch und lebensecht, dass er viele von uns ergriffen zurückließ. Der Ruf Gottes in dieser Welt ist eben doch präsent und wahr, und die daraus erwachsende Kraft vermag die Geschicke der Welt zu lenken. Augenscheinlich wurde das beim Besuch des Waldstücks, in dem der neue Klosterbau entstehen soll. Der Klosterneubau ist nötig, da eine (eigentlich naheliegende) Restitution der alten, noch existenten Klostergebäude seitens der Landesstiftung Stift Neuzelle von Anfang an von dieser als Eigentümerin der alten Klostergüter und -ländereien nicht gewollt war und ein gerichtliches Erstreiten mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbunden wäre. Daher die mutige Alternative des Klosterneubaus in einem verwilderten Waldstück. Früher befand sich in dem Wald eine Dienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, deren genaue Aufgaben in der damaligen Zeit auch heute noch im Dunkeln liegen. Hier soll der Klosterneubau mit knapp 50 Mönchszellen entstehen, von wo in den nächsten Jahrzehnten und hoffentlich Jahrhunderten Glaubensimpulse für die nähere und weitere Umgebung ausgehen sollen.
In diesem klösterlichen Umfeld fanden wir Familiaren der Komturei „An Elbe und Ostsee“ nicht nur herzliche Aufnahme, sondern auch ausreichend Zeit, uns unserer eigenen Ordensspiritualität zu vergegenwärtigen. Im regen Austausch über aktuelle und über mögliche neue Projekte konnten viele neue Ideen entstehen. So werden wir noch in diesem Jahr den Deutschen Orden im Geschichts- und Religionsunterricht eines Berliner Gymnasiums auf Bitten der dortigen Schulleitung vorstellen und mit den Schülern über unsere Geschichte und die Werke des Deutschen Ordens in der heutigen Zeit ins Gespräch kommen.
Das Einkehrwochenende fand seinen Abschluss im gemeinsamen Gebet aller Teilnehmer und des Subpriors der Zisterzienser um das am höchsten Punkt des Waldstücks errichtete Holzkreuz herum, in dem wir für die Gnade der Begegnung beider Orden dankten und uns der gegenseitigen Zuwendung und Unterstützung für die Zukunft versicherten.
Dr. Christian Pernhorst FamOT
Komtureirat